In seinem Vortrag von „Leiden und Größe Richard Wagners“ (1933) bescheinigt Thomas Mann dem Komponisten einen „mit äußerstem Willen ins Monumentale getriebenen Dilettantismus“, also eine Liebhaberei ohne schulmäßige Ausbildung. Tatsächlich hat Wagner systematischen Kompositionsunterricht erst mit 16 Jahren in Leipzig durch Christian Gottlieb Müller erhalten. War er in Dresden noch davon überzeugt, dass er „unzweifelhaft […] zum Dichter bestimmt sei“, was sich in seinem Schauerdrama Leubald und Adelaide nach Shakespeare und Goethe niederschlug, so glaubte er in Leipzig, der Kritik an seinem Drama nur durch eine Vertonung im Stile von Beethovens Schauspielmusik zu Goethes Drama Egmont begegnen zu können, und wandte sich der Musik zu. Aus der Entwicklungspsychologie ist bekannt, wie prägend sich die ersten Lebensjahre und die Jugend auf einen Menschen auswirken. Dresden und Leipzig waren die beiden sächsischen Metropolen, die Wagner als Mensch und als Künstler nachhaltig geprägt haben.
Prof. Dr. Helmut Loos, Jahrgang 1950, studierte Musikpädagogik (Staatsexamina) und anschließend Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie in Bonn. Die Promotion erfolgte 1980, 1989 die Habilitation. Von 1981 bis 1989 arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Bonn, von 1989 bis 1993 als Direktor des Instituts für deutsche Musik im Osten in Bergisch Gladbach. 1993 wurde er auf den Lehrstuhl für Historische Musikwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz berufen, von 2001 bis 2017 bekleidete er dieselbe Position an der Universität Leipzig. Herr Prof. Loos ist Vorsitzender des Leipziger Richard-Wagner-Verbandes.
